21. Februar 2014

"Ein Klick zu viel" von Ulrike Sosnitza

Emmy König kann es nicht mehr hören. Ständig bezeichnet Luise sie als letzte Hausfrau des neuen Jahrtausends. Und dann wettet sie auch noch darauf, dass Emmy das Buch, an dem sie seit Jahren schreibt, niemals fertigstellen wird! Emmy kann das nicht auf sich sitzen lassen... Doch was soll sie tun? Ihr Talent zum Schreiben ist minimal. Kurzerhand kopiert sie ein Manuskript aus dem Internet...
Mere Mewes ist das genaue Gegenteil von Emmy. Während Emmy mit dem Anwalt Tilman König verheiratet ist und in ihrer Villa alles hat, was das Herz begehrt, hat Mere ihre Familie verlassen und lebt nun auf der Straße. Doch sie hat etwas, was Emmy fehlt: Das Talent und die Idee zum Schreiben. Unter härtesten Bedingungen schreibt sie ständig und hat ihr Manuskript schon bald fertig. In einer Obdachlosenunterkunft hat sie zwischenzeitlich Carlos kennengelernt, der als Arzt dort aushilft und Mere einige Zeit bei sich aufnimmt. Er ist der einzige, der ihr Buch lesen darf. Doch, dass er den Text im Internet veröffentlicht, war so nicht geplant... 

Wie weit würdest du gehen, um dein Ziel zu erreichen? Und wie weit, um den Schein zu wahren?
   
Diese Fragen habe ich mir beim Lesen oft gestellt. Denn genau darum geht es eigentlich. Emmy will einfach nicht zugeben, dass sie kein Buch schreiben kann. Dann müsste sie sich den spitzen Kommentaren Luises aussetzen und sich weiterhin anhören, dass sie eine einfache Hausfrau wäre. Was wäre da einfacher, als so einen genialen Text, wie Mere ihn geschrieben hat, einfach als ihren auszugeben? 
Dass ihn direkt ein Verleger in die Finger bekommt und veröffentlichen will, konnte sie ja nicht ahnen... Aber auch an diesem Punkt schmückt Emmy sich lieber mit fremden Lorbeeren, statt für ihren Fehler einzustehen. 

Ich muss sagen, dass ich während der Geschichte eindeutig eher mit Mere sympathisiert habe. Sie hatte ein Ziel - ein Buch zu schreiben. Und hat das auch durchgezogen. Auch ohne Dach über dem Kopf. Dass für sie eine Welt zusammengebrochen ist, als jemand ihr ihr Werk gestohlen hat, ist absolut verständlich. Den Gedanken an Rache konnte ich auch nachvollziehen. Schade fand ich, dass sie auch Emmys Kinder einbezogen hat, denn die beiden können doch am wenigsten dafür. 

Das Buch wird als "bitterböse Komödie" bezeichnet. Obwohl es auch wirklich lustige Szenen gibt, finde ich allerdings den "Komödien-Anteil" nicht im Vordergrund stehend. Für mich ist es doch eher eine recht dramatische und auch tragische Geschichte. Zwei Frauen aus ganz verschiedenen Welten treffen aufeinander. Es ist eine fiktive Story, doch erschreckend finde ich es, wenn man genauer darüber nachdenkt. Denn wie viele würden tatsächlich so weit gehen wie Emmy in "Ein Klick zu viel", nur um den Schein wahren zu können? 

Über das Ende war ich leider ein wenig... schockiert oder so. Ich habe das gesamte Buch über mit einem ganz anderen Ende gerechnet. Konnte mir dabei aber auch noch eine andere Richtung vorstellen. Aber mit dem, was am Ende dann tatsächlich passiert ist, habe ich nie gerechnet.
Aber auch wenn es kein Friede-Freude-Eierkuchen-Happy-End gab, das mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubert und die Welt ein bisschen rosaroter erscheinen lässt, war der Schluss gut. Er passte sehr gut und bot auch noch eine kleine Überraschung, über die ich doch ein wenig grinsen musste und die mir sehr gut gefiel. 

Auf jeden Fall geht es turbulent zu! Mere lässt sich nichts gefallen und schreckt auch nicht davor zurück, Emmy zu erpressen. Mein Mitleid für Emmy hielt sich dann trotzdem meist in Grenzen...

Ulrike Sosnitzas Schreibstil gefiel mir auch sehr gut. Das Buch ließ sich in einem Rutsch weglesen und die Autorin hat auch Spannung aufgebaut. Mir fiel es irgendwann schwer, es nochmal beiseite zu legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es denn nun weiter geht bzw. vor allem endet. 

Hier wurde auf jeden Fall ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen und die Geschichte zeigt sehr deutlich, wie wichtig es ist, sich auch vor geistigem Diebstahl Gedanken darüber zu machen, wie sehr man jemandem mit dieser einfachen Handlung schaden kann. 

200 Seiten
ISBN: 9783826051999

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